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Als Bernd Fröhlich 2018 in Rente ging, sahen seine Pläne noch anders aus. Der engagierte Eisenbahngewerkschafter war viele Jahre bundesweit aktiv, jetzt sollten Familie und Freizeit der Lebensmittelpunkt sein. Doch völlig unerwartet musste er im Dezember 2020 alle Pläne nach hinten stellen. Blut im Urin – medizinisch Hämaturie – machte den Gang zum Arzt notwendig – und brachte infolge eine einschneidende Diagnose, eine OP und viele Stunden der Ungewissheit mit sich. Dass er sein Leben heute wieder relativ normal und aktiv gestalten kann, hat viele Gründe.
„Ich hatte damals schnell einen Termin zu einer Blasenspiegelung bekommen – allerdings in Aue“, erinnert sich Bernd Fröhlich. Dabei stellten die Ärzte einen großen bösartigen Tumor an der Blasenwand fest, der letztlich nicht mehr endoskopisch operiert werden konnte. Vielmehr sollte die Harnblase vollständig entfernt und ein künstlicher Harnausgang gelegt werden. „Das ist ein sehr großer Eingriff“, erzählt Fröhlich, „den ich nicht ohne eine ärztliche Zweitmeinung vornehmen lassen wollte.“
Die bekam er im Chemnitzer Bethanien-Krankenhaus, wo man auf solche Eingriffe spezialisiert ist. „Die Beurteilung war identisch. Alternativ hätte ich auf die Operation verzichten können, aber die weitere Lebensprognose wäre dann sehr begrenzt. Vielleicht ein Jahr, vielleicht auch zwei Jahre.“

Viele Fragen und Entscheidungen
„Da bekommt man schon Angst und es gehen einem viele, viele Gedanken durch den Kopf. Denn selbst wenn die OP gut verläuft, so würde sich mein Leben ja verändern – und verbindliche Zusicherungen gibt es hierbei nicht“, erzählt er.
Viele Pläne und Alltäglichkeiten bekamen plötzlich ein großes Fragezeichen. Neben den Ärzten beriet er sich deshalb auch mit seiner Familie. „Wenn man sich für einen Weg entscheiden soll, dann braucht man ein Ziel. Der Blick auf meine Frau und meine beiden kleinen Enkeltöchter haben mir letztlich die Entscheidung erleichtert.“ Doch bis zur geplanten Operation sollte nicht zuletzt bedingt durch die Corona-Pandemie noch einige Zeit vergehen. Im April 2021 musste Bernd Fröhlich zunächst vier Chemo-Therapien hinter sich bringen, mit denen das befallene Gewebe und der Tumor selbst abgetötet werden sollten. Im Juli, einen Monat später als geplant, folgte dann die Operation, in deren Verlauf Krebstumor und Blase gänzlich entfernt und ein Teil des Darms als künstliche Harnausleitung mit Öffnung an der Bauchdecke, einem sogenannten Urostoma, verlegt wurde.

Wichtig: Die Hilfe von Beginn an
„Einfach erklärt ermöglicht eine Urostoma-Versorgung dann dem Patienten den Urinabfluss in einen sogenannten Urostomiebeutel, der mithilfe einer Klebefläche an der Bauchdecke befestigt wird“, erklärt Luise Hertling. Sie arbeitet bereits seit vier Jahren als HomeCare-Schwester bei Reha-aktiv, ist unter anderem spezialisiert auf die Betreuung von Stoma-Patienten und hat Bernd Fröhlich seit der OP begleitet. Ein Stoma erfordert für die Betroffenen am Anfang viel Unterstützung von erfahrenen Stomatherapeuthen, um die Versorgung optimal anzupassen und Komplikationen zu vermeiden. „Deshalb begleiten wir die Patienten während dieser Überleitung. Darüber hinaus zeigen wir auch Angehörigen, wie sie helfen können. Das erleichtert den Schritt in die Selbstständigkeit“, so Hertling. Im Idealfall reduzieren sich die anfänglich engmaschigen Hausbesuche bereits nach wenigen Wochen. „In der Regel geht es dann später meist nur noch um einen kurzen Informationsaustausch, ob Komplikationen bestehen und das Nachbestellen des Stoma-Materials wie Stoma-Platten und Beutel.“

Ein „neuer“ Alltag
Die Umstellung begann für Bernd Fröhlich gleich nach der OP. „Der künstliche Harnausgang liegt bei mir rechts oberhalb der Leiste“, erzählt er. Hier muss die selbstklebende Stoma-Platte entsprechend angepasst und dann je nach Bedarf auch gewechselt werden.
Eine große Hilfe waren Bernd Fröhlich von Beginn an seine Tochter und Ehefrau Veronika, die damals von Luise Hertling ebenfalls in die Stoma-Versorgung eingewiesen wurden. „Ich kann das zwar auch selbst, aber wenn mir meine Frau hilft, geht es natürlich besser“, erzählt er.

„Ziele setzen ist wichtig“
Trotz aller Hilfe musste sich Bernd Fröhlich nach der Operation seinen Alltag Stück für Stück neu erkämpfen. Ob Spaziergang, die Fahrt mit dem Auto oder Urlaub: Mit der Routine kam auch die notwendige Sicherheit zurück. „Natürlich gibt mir heute eine schützende Bandage rund um das Stoma ein stabiles Gefühl.“ Und mit Pullover oder Jacke darüber falle es auch nicht auf. „Am Anfang ist man aber dennoch sehr unsicher“, räumt er ein. „Ich habe mir dann immer neue kleine Ziele gesetzt, die mir die Sicherheit im Alltag zurückgegeben haben.“ Ziele zu haben, betont er, sei für ihn in der ganzen Zeit wichtig und eine große Hilfe gewesen.

Das ganz große Ziel war im Spätsommer vergangenen Jahres der Urlaub mit der ganzen Familie und den beiden Enkeln an der Rügener Ostseeküste. Obwohl bestens vorbereitet und ausgestattet, schwang in der Familie dennoch eine gewisse Skepsis mit. Am Ende ging auch diese Unsicherheit im wahrsten Sinne des Wortes baden. So wagte sich Bernd Fröhlich Stück für Stück ins Wasser, bis plötzlich die Enkel riefen: „Guckt mal, Opa schwimmt!“

Zeit für Pläne
Inzwischen ist das Leben der Fröhlichs weniger vom Stoma als mehr von eigenen Plänen bestimmt – ob daheim im eigenen Gartengrundstück oder nicht zuletzt auch bei der ersten Flugreise im Januar dieses Jahres. „Da kann ich auf die eine oder andere Einschränkung gut verzichten“, meint Bernd Fröhlich. So störe es ihn nicht, wenn er beim Segeln nur noch Fahrgast ist. „Dafür kann ich mit meinen Enkeln aber draußen Fußball spielen.“ Man müsse halt schauen, was einem im Leben wichtig sei. „Und vielleicht kann ja meine Geschichte die Motivation für den einen oder anderen Stoma-Patienten sein, im Rahmen der Möglichkeiten etwas mehr Lebensqualität für den Alltag zu erreichen.“ Der offene Umgang mit seinem Stoma, um beispielsweise andere zu ermutigen, ist übrigens auch so ein Ziel von Bernd Fröhlich.